Aus vielen Wahrheiten entwickle ich eine Fiktion. Aus einzelnen Wahrheiten entsteht eine neue, erfundene Geschichte, die der Frage nachgeht: Was wäre, wenn die Menschen sich anders verhalten hätten? Was wäre, wenn ein Ereignis dieser Person, die es wirklich gibt, widerfahren wäre? Wie hätte dies ihr Leben verändert?
Das Resultat einer Studie war, dass in der Schweiz der Sohn zweier Schweizer Akademiker eine 111-fache höhere Wahrscheinlichkeit hat, an der Universität zu studieren, als die Tochter zweier nichtakademischer Einwanderer.
Mädchen werden gegenüber Knaben benachteiligt. Akademikerkinder gegenüber Kindern von Nichtakademikern bevorteilt. Migrationshintergrund ist eine Hürde. Deine Herkunft prägt Deinen Zugang zu Bildung. Und Du kannst nichts machen.
Natürlich spielen die Rahmenbedingungen eine Rolle, aber wer seine Chance nicht nutzt, hat keinen Vorteil aus einer besseren Ausgangslage. Wer auf eine geschlossene Gesellschaft stösst, braucht Türöffner. Durch die offene Türe musst Du dann selbst gehen.
Ich war noch nie in Bochum, habe ein diffuses Bild von Ruhrgebiet und den Klischees, die dazugehören, wie grosse Fabriken, hohe Kamine, Quartiere, die wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Du bist in der Schweiz aufgewachsen, wieso hast Du Dich für Bochum entschieden? Wieso wächst Deine Hauptfigur nicht in der Schweiz auf? War das zu nahe an Deiner eigenen Geschichte?
Die Frauen im Roman sind stark. Sie wissen, was sie wollen. Und was sie nicht wollen. Das stimmt. Sie alle sehr verschieden, aber diesen gemeinsamen Punkt haben sie. Ich nehme das aber eher als Distanzierung zum Patriarchat wahr, stelle die Frauen gleichberechtigt neben die Männer. Egal ob sie im Buch aus Deutschland, Norditalien oder Süditalien stammen. Gerade Achims Mutter ist eine moderne Frau, sie war bereits modern zu einer Zeit, als dies noch nicht üblich war.
Ob Du als Vater Dein kulturelles Erbe weitergeben kannst, hängt nicht nur von Deinem Willen ab. Zahlreiche Menschen und Umstände prägen Deine Chancen es zu tun. Das Einzelschicksal wiegt schwer, gewichtet mehr als der eigene Wille.
Auf meiner Identitätskarte steht: Heimatort Payerne VD. Ehrlich gesagt, entstehen keine Heimatgefühle, wenn ich durch die Gassen dieses Ortes schlendere. Ich weiss gar nicht wo meine Vorfahren gewohnt haben oder wann der Letzte weggezogen ist. Gut, ich habe auch nie den Friedhof besucht und nach Gräbern mit meinem Nachnamen Ausschau gehalten. Das französische Wort auf der Identitätskarte gefällt mir besser: Lieu d’origine.
Herzlich Willkommen bei Gianpietros Welten, einem gemeinsamen Blog von Gianpietro Montano und Philippe Groux. Er schreibt Romane, ich veröffentliche jeden Dienstag einen Blogbeitrag. Während ich mit möglichst wenigen Worten möglichst viel aussagen will, darf er so ausschweifend schreiben, wie es ihm passt. Was uns eint ist die Liebe für die Basilicata. In dieser süditalienischen Region sind wir uns 2017 erstmals begegnet.