Mit ihrem Sonderweg hat die Schweiz ein aussergewöhnlich stabiles System geschaffen. Stabil, nicht starr. Im Gegenteil. Die grosse Stärke des Schweizer Sonderweges ist seine Anpassungsfähigkeit, ohne in der Hektik Unruhe zu schaffen. Für eine Welt erfunden, die klar und einfach strukturiert war, erlaubt der Sonderweg in Momenten der Instabilität zu reagieren, Anpassungen vorzunehmen, ohne das System an sich in Frage zu stellen.
Wie alle Länder musste die Schweiz mit zunehmender Komplexität mehr regulieren. Was Mitte des 19. Jahrhunderts plan- und damit steuerbar war, wich zunehmend einem Umfeld des Wandels mit nicht
vorhersehbaren Neuerungen. Die Regulierung brauchte es, damit die Neuerungen nicht destabilisierend sein konnten. Sie reduziert die Komplexität.
Wir erleben eine Phase, welche im Change Management ein Alptraum ist. Eine gewollte Veränderung führt man herbei, indem mögliche Störeinflüsse eingeplant und proaktiv angegangen werden. Mit
seiner überraschenden Art Veränderungen herbeizuführen, verunmöglicht Donald Trump die bewusste Lenkung der Veränderung. Da er gleichzeitig dereguliert, erhöht er die Komplexität. Kombiniert mit
den destabilisierenden Folgen seines Handelns schafft er einen Veränderungsprozess mit unbekanntem Ausgang.
Ob Länder oder Organisationen sich destabilisieren lassen, hängt nicht von Donald Trump ab, sondern wie anfällig diese Länder und Organisationen auf Zerstörung durch externe Einflüsse sind.
Bauten in Erdbebengebiet, werden so gebaut, dass sie nicht starr sind, sondern die Schwingungen aufnehmen und «verarbeiten». Genau wie die Schweiz mit ihrem Sonderweg bisher in der Lage war,
Neuerungen aufzunehmen und zu verarbeiten.
Wird ein System zu starr, die Regulierung kann Starrheit begünstigen, dann hat es Mühe diese externen Einflüsse zu internalisieren. Genau das passierte 1861 in Süditalien.
Das Königreich Neapel-Sizilien war nicht stabil, sondern starr. Sowohl der Adel und die Königsfamilie als auch die Grossgrundbesitzer, die gleichzeitig den Handel kontrollierten, lebten in einem
System voller Regeln, die sie einengten und blind für gewisse Entwicklungen machten.
So genügte eine kleine Armee von gut 1'000 Soldaten, um das ganze so zu destabilisieren, dass es in sich zusammenbrach. Ein System, welches für einfache, klare Regeln konzipiert war und
destabilisierende Einflüsse nicht genügend verarbeiten konnte, brach in sich zusammen als ein anderes Königreich (Sardinien-Piemont) die Vereinigung Italiens anstrebte, die Grossmächte dies
mehrheitlich unterstützen (oder nicht verhinderten) und alle Garibaldi gewähren liessen.
Von der Komplexität und der Instabilität überfordert, brach ein altes System wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Wir werden in den nächsten Jahren sehen, ob der Schweizer Sonderweg die destabilisierenden Einflüsse der Welle 2025 überstehen wird.
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Mein Lieblingsbuch zum Thema Change Management, weil es auf die Person fokussiert, die den Wandel herbeiführen soll. Nicht die anderen, sondern ich, sozusagen. Wer mit diesem Buch arbeitet, handelt, gestaltet anstatt zu erdulden.
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