Traditionen leben weiter, wenn sie gepflegt werden und sich entwickeln dürfen. Grundvoraussetzung dazu ist Respekt, ein sehr wichtiger Aspekt in einem Vielvölkerstaat mit den unterschiedlichsten Traditionen. Kann die Schweiz diesen Respekt im Zeitalter von Personenkult und – bashing? Kann die Schweiz noch Grautönen denken?
Nationalstaaten können sich in Krisensituationen auf ihre kulturellen Wurzeln berufen und dabei die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ansprechen. Als Vielvölkerstaat ist dies der Schweiz verwehrt. Natürlich können sich Politiker mit der Hellebarde gegen Verträge wehren, aber sie sprechen dabei nur einen Teil der Bevölkerung an. Fremdschämen, Kopfschütteln und Gelächter werden ebenso ausgelöst, denn viele Schweizerinnen identifizieren sich nicht mit Arnold Winkelried.
Die Einwohner der Basilicata bezeichnen sich als «Lukaner». Dieses Volk besiedelte die Region, bevor sie von den Römern erobert wurde. Das Schweizer Pendant zu den Lukanern sind die Helvetier. Als Nationalheld gilt allerdings nicht Divico, der Anführer der Helvetier gegen Julius Cäsar, sondern Wilhelm Tell, ein legendärer Schweizer Freiheitskämpfer gegen die Habsburger.