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Kinderbetreuung im Wandel

Schweiz Aktuell liess diesen Sommer eine Familie drei Wochen lang wie vor 500 Jahren leben. Seither hat sich für Familien vieles geändert. Damals arbeiteten unsere Vorfahren dort, wo sie wohnten und die Mehrheit der Verwandtschaft war nicht weit weg. So entstand eine Gemeinschaft, die es den Generationen ermöglichte, sich gegenseitig zu unterstützen. Mit der Industrialisierung kam diese Gemeinschaft ins Wanken, denn die Arbeitsplätze waren nicht mehr unbedingt am Wohnort. Wer Arbeit suchte, zog in die Städte, weg von den Verwandten. Dies hatte Folgen für die Kinderbetreuung. Der Erziehung der Arbeiterkinder wurde keine grosse Bedeutung beigemessen, denn billige und flinke Arbeitskräfte waren gefragt und die Arbeitstage waren lang. Nur der frühzeitige Arbeitseinsatz sicherte den kinderreichen Familien ein karges Leben. Schlechte Hygiene, Mangelerscheinungen und Sozialisationsdefizite führten zu einer ungenügenden Betreuung der Kleinkinder. Damit die Mütter arbeitsfähig blieben, entstanden Wohltätigkeitsorganisationen, die sich der Kinder annahmen. Erst Arbeitsgesetze verbesserten zunehmend die Lebensbedingungen der Familien, die -sofern sie vom Lohn des Vaters leben konnten- eine Rollenteilung einführten, die heute als traditionelle Familie angeschaut wird: der Vater arbeitet und die Mutter ist für Herd und Kinder zuständig.

 

Die zunehmende Mobilität nach dem zweiten Weltkrieg stellte für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine neue Herausforderung dar. Wohn- und Arbeitsort sind immer weniger identisch. Zudem hat die traditionelle Familie ihre Stellung eingebüsst und steht in Konkurrenz mit zahlreichen alternativen Lebensformen. Bedingt durch die steigende Scheidungsquote und die Zunahme lediger Frauen mit Kindern erhöhte sich die Zahl der Ein-Eltern-Familie.

 

Neue Formen von familienergänzender Kinderbetreuung kamen auf, auch in unserer Region. In Huttwil sind Tageseltern bereits seit 25 Jahren in einem Verein organisiert. In der Zwischenzeit entstand eine Kindertagesstätte, die im alten Spital startete und im Oktober wird dort eine zweite Gruppe eröffnet. Das Gesundheitszentrum ermöglicht wichtige Begegnungen zwischen Jung und Alt. Die Rennen «Rollstuhl gegen BobbyCar» einer Dahlia-Bewohnerin mit meiner damals 4-jährigen Tochter sind wohl nicht nur mir in bester Erinnerung.

 

Die familienergänzende Kinderbetreuung lässt eine neue Form einer Solidaritätsgemeinschaft aufleben, die den Geist des Zusammenhalts vor 500 Jahren wiederbelebt. Genauso wie damals helfen sich Menschen gegenseitig und bringen das mit in die Gemeinschaft, was sie auszeichnet.

 

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