· 

Das fehlende C

Ich wurde kürzlich gefragt, wie ich gleichzeitig Präsident der Grünliberalen und Katholischer Kirchgemeinderat sein könne. Ich habe die Frage zuerst nicht verstanden. Wo denn das Problem sei, musste ich nachfragen. Die Katholische Kirche sei eine Diktatur von alten Herren und die glp liberal in allen Belangen, das passe nicht zusammen, lautete die Antwort. Gerade kürzlich habe ein Vertreter des Bistums Chur gesagt, die CVP vertrete keine christlichen Werte mehr, weil sie dem linksgrünen Mainstream folge. Christlich sein bedeute zuerst einmal, an Gott glauben, der dem Menschen durch Jesus Christus ewiges Leben verheisse. Das könne ich als Grünliberaler doch nicht unterstützen.

 

Tue ich auch nicht. Die katholische Kirche besteht zum Glück nicht nur aus dieser «Altherren-Diktatur», sondern hat als Gemeinde auch demokratische Strukturen. Ich bin in dieser demokratischen Struktur tätig, so wie ich mich allgemein in und für unsere Demokratie einsetze. Weil sie Ausländer gleichberechtigt integriert, ist die katholische Demokratie besonders spannend.

 

Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Katholiken der Ansicht ist, wer tagtäglich Sorge zu Mitmenschen und Umwelt trägt, lebt christlicher als derjenige, der lediglich sonntags in der Kirche gottesfürchtig für ewiges Leben betet. Viele gehen auch nicht mehr in die Messe, denn sie wollen gar nicht hören, was der Pfarrer zu sagen hat Wussten Sie dass in Altbüron 40% des Stroms aus Solarenergie kommt, dass in Altbüron eine energetisch autonome Bushaltestelle steht oder dass in Altbüron ein nie fertiggestellter Bahntunnel heute als Wasserreservoir dient und Wasser in einer Qualität liefert, die chemische und physische Behandlung unnötig macht? Treibende Kraft hinter diesen Projekten ist unter anderem der Bauvorsteher. Er tut dies aus Überzeugung, nicht weil er ewiges Leben anstrebt. Welcher Partei er angehört? Der CVP natürlich.

 

Extremisten sind gefährlich. Nicht nur Religionsfanatiker, sondern alle, die den anderen einbläuen wollen, sie seien auf dem falschen Weg. Intoleranz, den anderen nicht annehmen, wie er ist, ist die Überzeugung besser zu sein als der andere. Plötzlich erschiesst jemand fremde Menschen in Shisha-Bars oder bringt ein anderer seine Kinder um, weil er eine Scheidung nicht akzeptieren will. Das verhindern wir, indem wir jeden Tag Intoleranz ablehnen, Respekt schenken und einfordern. Der wahre Kern unserer Gesellschaft ist der Respekt und der schreibt sich ohne C.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0