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Banause

Bei der Lektüre der Artikel von Walter Ryser im Unter-Emmentaler zur Kulturförderung kam mir ein Wort in den Sinn: Banause. Nicht Walter Ryser ist ein Banause, sondern wir Huttwiler wären die Banausen. Der Begriff «Banause» entstand im antiken Griechenland und beschreibt Menschen, die von der Kultur ausgeschlossen wurden, weil sie von der herrschenden Klasse als minderwertig angeschaut wurden.

 

Der Kanton Bern setzt seine Kulturförderung so um, dass er nur gewisse kulturelle Tätigkeiten fördert. Insbesondere setzt er einen Mindestbetrag fest, den eine Institution von ihrer Sitzgemeinde erhalten soll, damit sie kantonale Gelder bekommt. Damit privilegiert er Quantität gegenüber Qualität, grössere Zentren wie Langenthal gegenüber Zentren wie Huttwil oder Herzogenbuchsee.

 

Kultur bedeutet vom Menschen gemacht und ist das Gegenstück von Natur. Im Oberaargau entsteht vieles von Menschenhand, nicht nur in Langenthal. Kultur gibt es überall und mit seiner Politik schafft der Kanton eine Zweiklassengesellschaft und damit Konflikte. Leidtragende sind alle Institutionen, die nicht gefördert werden, weil sie in zu kleinen Gemeinden angesiedelt sind. Leidtragende sind aber auch letzten Endes alle Institutionen und Gemeinden, die vom Kanton gefördert werden und dies rechtfertigen müssen. Das perfide an der Kulturförderung ist nämlich, dass die Gemeinden, die leer ausgehen, die Institutionen der geförderten Gemeinden mitfinanzieren müssen.

 

Ob gewollt oder nicht sei dahingestellt, aber diese Politik widerspiegelt das Menschenbild vom gebildeten Städter und vom ungebildeten Landmensch. Der Wohnort soll entscheidend sein, ob unsere Kultur wertvoll oder minderwertig sei. So dachte man vielleicht im Mittelalter, aber im 21. Jahrhundert ist so eine Politik deplatziert, nicht zeitgemäss.

 

Dass in Langenthal die Meinung weit verbreitet ist, dass die Kultur bessergestellt sei als der Sport, dass das Stadttheater viel mehr Unterstützung geniesse als der SC Langenthal, macht das Ganze noch tragischer. Kultur ist unser gemeinsames Gut, sollte uns einen. Die Berner Kulturförderung erreicht genau das Gegenteil, sie spaltet. Sie spaltet die Menschen, sie spaltet die Gemeinden, spielt Institutionen und unterschiedliche Tätigkeiten gegeneinander aus.

 

In vielen Ländern leerten sich die Dörfer mit der Industrialisierung. Nach dem zweiten Weltkrieg beschleunigte sich die Landflucht. So ist beispielsweise südlich von Madrid eine Einöde entstanden, ohne Schulen, Arztpraxen und öffentlichen Verkehr. Im harten Lockdown Spaniens wäre manch einer gerne aufs Land gezogen, konnte dies wegen der fehlenden Infrastruktur nicht tun. Ob in der Schweiz wie in Madrid ein Drang der Städter, aufs Land zu flüchten, festzustellen sei, wurde ExHuttwiler und Politgeograf Michael Hermann letzte Woche gefragt. Das sei unwahrscheinlich, weil der Lockdown in Madrid viel härter war, so seine Antwort. Menschen, die nach Huttwil kommen könnten, bräuchten eine Infrastruktur, war seine Antwort auf eine andere Frage. Die kulturellen Institutionen sind Teil dieser Infrastruktur. Ihre Pflege ist lebensnotwendig für ein lebenswertes Huttwil, das Auswärtige anzulocken vermag.

 

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