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Carmine Crocco

Was William Wallace für die Schotten und Wilhelm Tell für die Schweizer sind, ist Carmine Crocco für die Lukaner: ein Volksheld. Alle drei haben gemeinsam, dass sie ihre Ziele nicht erreicht haben und dennoch tragende Figuren der Kultur ihrer Völker wurden, weil sie sich zu einem Zeitpunkt gewehrt haben, der zum legendären "es reicht"-Moment gegenüber fremden Mächten wurde.

Zur Erinnerung wurden Denkmäler für Wallace und Tell erstellt, ein Crocco-Denkmal gibt es (noch) nicht. Hingegen wird seine Legende jedes Jahr durch Schauspieler an Festspielen in Brindisi Montagna erzählt, ähnlich den Tellspielen. Crocco hat zudem eine Autobiographie hinterlassen, die zu lesen sich lohnt, auch wenn sie in Deutsch nicht erhältlich ist. Eugenio Bennato singt es in einem  Lied:  Ommo se nasce brigante se more.
Crocco beschreibt, wie er als grundsätzlich gewaltbereiter Mensch durch die Umstände zum Kriminellen wurde und einen Versuch unternahm, seine Situation zu normalisieren als er sich Giuseppe Garibaldi anschloss. Er erhoffte sich dadurch eine Amnestie und als diese nicht kam, wandte er sich gegen das vereinte Italien, das im Entstehen war. Viele andere Enttäuschte folgten ihm und so entstand ein Armee, die Armee der Briganten, die zum Spielball zwischen den Mächten der Vergangenheit und der Zukunft wurde. Crocco versuchte einen eigenen Weg,  der später als lukanischer Weg interpretiert wurde.

Eigentlich gab es schon im Römischen Reich eine ähnliche Bewegung als sich Tausende von landlosen Freie und Sklaven aus Süditalien Spartacus anschlossen. Dieser Aufstand endete blutig an der Nordgrenze Lukaniens, am Fluss Sele. Weil Spartacus Thraker und nicht Lukanier war, eignet er sich jedoch nicht als Identifikationsfigur der lukanischen Kultur.

Dass Misstrauen gegenüber dem Norden, das Carlo Levi auch beschrieb, hat Spuren hinterlassen. Als der Film "li chiamaronno Briganti" 1999 nach nur drei Tagen in den Kinos abgesetzt wurde und weder auf VHS noch DVD erschien, wurden Stimmen laut, die eine Zensur des Nordens vermuteten, um eine unliebsame Wahrheit zu unterdrücken. Heute ist der Film auf Youtube frei verfügbar, eine Zensur ist im Zeitalter der Sozialen Medien kaum möglich. Interessierten empfehle ich ohnehin eher den Dokumentarfilm "Carmine Crocco - dei briganti il Generale".

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