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Es war einmal

Es war einmal ein Land, das weltweit für sein Organisationstalent, seine Zuverlässigkeit und seine Pünktlichkeit berühmt war. Made in DiesesLand war ein so starkes Qualitätssiegel, dass sich DiesesLand vor Missbrauch durch Trittbrettfahrer schützen musste. DiesesLand galt als ein sehr friedliches Land und viele Prominente verlegten ihren Wohnsitz deshalb in DiesesLand.

Als ein böser Feind DiesesLand angriff, stellte die Welt erstaunt fest, dass DiesesLand auch chaotisch, undiszipliniert und chronisch verspätet sein kann. Freunde DiesesLands meldeten sich besorgt bei Bewohnern DiesesLands und fragten, was denn los sei.

Die Bewohner versicherten Ihnen, dass nur das passiert, was von Aussen nicht sichtbar war, aber den Bewohnern schon längstens bekannt war. Dieses Land sei schon immer sehr langsam in seinen Entscheidungsfindungen gewesen, denn es sei Tradition vor einem Entscheid miteinander zu reden und insbesondere darauf zu achten, dass Minderheiten keinen grossen Schaden nahmen. Die grösste Partei des Landes achte peinlich darauf, dass die Macht breit verteilt bleibe, und sei sich auch nicht zu schade, wenn nötig, die Zentralregierung zu diskreditieren, wenn das dem Gleichgewicht diene. So sei DiesesLand immer langsam, aber geradeaus vorwärts gekommen, während andere Länder bei jedem Regierungswechsel einen Kurswechsel vornehmen würden. In normalen Zeiten sei das langsam Geradeauslaufen genauso schnell wie der Zickzackkurs anderer Länder. Als die anderen Länder auch vom bösen Feind angegriffen wurden, begannen auch sie geradeaus zu gehen und da sei das langsame Tempo DiesesLands offensichtlich geworden.

Das erkläre aber nicht, wieso so viele Menschen in DiesesLand, sich nicht gegen den bösen Feind bewaffnen wollten, entgegneten die Freunde. Der böse Feind sei so schnell gekommen, dass die Diskussion gelitten hätte und Entscheide gefällt wurden ohne sicherzustellen, dass Minderheiten sich bewusst sind, dass sie keinen grossen Schaden nehmen werden, lautete die Antwort. Dass sie grossen Schaden nehmen können, hätten Einige noch nicht verstanden und sie fühlten sich diskriminiert.

Dann solle man doch mit denen reden, so der gutgemeinte Rat. Das gehe leider nicht mehr, denn diese Minderheit würde sich mit allen Mitteln wehren, mussten die Bewohner zugeben. Die grosse Stärke von DiesesLand, das miteinander entscheiden und die Entscheidung der Mehrheit zu akzeptieren, die sei gefährdet, wenn die Minderheit glaube, sie würde grossen Schaden nehmen. Die Minderheit wehre sich in der Zwischenzeit manchmal sehr aggressiv, was zu heftigen Reaktionen der Mehrheit führen würden. Gegenseitiges Beschimpfen habe es in diesem Ausmass in DiesesLand nie gegeben.

Das erkläre aber nicht wieso DiesesLand nicht mehr pünktlich sei, ja immer mehrere Schritte hinterherhinke, fanden die Freunde. Das liege daran, dass die Regierenden sich fürchten würden noch mehr Entscheidungen zu fällen, die die Minderheit erzürnen würden, sagten die Bewohner betreten. Bald würde DiesesLand das Problem lösen, wie es Probleme immer gelöst habe. Alle werden eingeladen, bei einer Abstimmung zu sagen, was sie für richtig halten. Was die Unterstützung der Mehrheit bekomme, sei dann für alle gültig,

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