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59:59

 

„Erst wenn der Schiedsrichter abpfeift, ist das Spiel zu Ende oder gewonnen!“ soll Uwe Seeler, die deutsche Fussballlegende, einmal gesagt haben. Das Schöne am Sport sind die Regeln, die für alle gelten. Da kann kein Altbundesrat oder britischer Premierminister behaupten, die Pandemie sei vorbei, als ob es auf seine Meinung ankommen würde.

 

Das Brutale am Sport sind die Regeln, die für alle gelten. Huttwils Hockeymannschaft musste dies am Samstag erfahren. Zwei Sekunden vor Spielende spielten sie noch unentschieden gegen Martigny und als der Gegner das Siegestor schoss, stand die Matchuhr auf 59:59.

 

Wie im Sport gibt es in der Wissenschaft klare Regeln. Erbringt jemand den Nachweis, dass etwas gilt, spricht man von «evidence based», behauptet jemand etwas und gilt diese Person als Experte, spricht man von «eminence based». Der Rest ist «wishful thinking», fromme Wünsche.

 

Evidenzbasierte Entscheide setzen Daten voraus und nun ist der Schweiz etwas passiert, was man vom «besten Gesundheitswesen der Welt» nicht erwarten würde: es war während der Omikron-Wand nicht in der Lage, genügend zuverlässige Daten zu generieren. Im Gegensatz zu allen Nachbarländern hatten wir zeitweise nicht einmal genugTestkapazität! Wir gehen im Blindflug durch diese Wand. Die Tagesmeldungen des BAG sagen kaum etwas aus, nicht zuletzt weil die Meldungen verzögert sind. Die Zahlen, die gestern gemeldet wurden, enthalten positive Tests zurück bis zum 17. Januar!

 

Interessanter ist bei diesen Zahlen, dass die Schweiz seit einer Woche ihre Testkapazität nicht ausschöpft. Die Positivitätsrate ist mit 40% extrem hoch, was ein Hinweis ist, dass viele Infizierte sich gar nicht testen lassen. Der Kanton Bern gibt Gegensteuer und stellt unter anderem in Huttwil einen Testtruck auf, der gleich die ganze Woche bleibt. Man könnte meinen, der Kanton gehe davon aus, dass hier in der Gegend besonders viele Testfaule sind.

 

Ich glaube, dass es nicht um Faulheit geht. Die Pandemie ist bald zu Ende, sagen sich die Menschen, also warten sie ab, dass der Schlusspfiff kommt. Wir sind voll im wishful thinking, weil wir gar keine andere Entscheidungsgrundlage mehr haben. Ob der Schlusspfiff in einer Sekunde, in fünf Minuten oder erst in Monaten kommt, wissen wir nicht. Was man nicht weiss, kann man nur noch glauben, oder nicht.

 

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