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Du kannst nicht entfliehen

Du kannst zwar in Südfrankreich die Sonne, das Essen und das Meer geniessen, aber die sozialen Medien spielen Dir so viel Wahlwerbung ein, dass Du die Beiträge Deiner Freunde kaum siehst.

 

Kommst Du nach Hause, fallen Dir die längst vergessenen Köpfe und unbekannte Gesichter auf, die wie Pilze aus dem Boden am Strassenrand ragen. Würde die Verteilung unter den Parteien dem Wahlresultat entsprechen, hätte die Partei mit der Sonne so eine komfortable Mehrheit im Parlament, dass die anderen Parteien gar nicht mehr an der Session teilnehmen müssten, sie wären nicht viel mehr als ein Feigenblatt wie wir es von pseudo-demokratischen Diktaturen her kennen. Die Unterschiede in der Plakatgestaltung und Grösse täuschen eine Vielfalt vor, die nur optischer Natur ist. Natürlich fehlen die Schlapphüte nicht, sie nennen ja nicht nur Hotels um. Passend in der Komplementärfarbe Rot ruft sich die lokale Gewerkschaftsgrösse nationaler Bedeutung in Erinnerung. Und sonst? Praktisch Fehlanzeige bei der Präsenz der politischen Mitte, sieht man von einem grossen Plakat in bester Lage des ewigen Ständeratkandidats ab.

 

In kaum einem Land Europas ist die Polarisierung so gross wie in der Schweiz, lese ich in einem Zeitungsartikel. Da stehen Sätze wie «Die Abneigung gegen politisch Andersdenkende in der Schweiz scheint zuzunehmen» oder «Viele Menschen fühlen sich offensichtlich zu wenig gehört, gesehen und wertgeschätzt». Dem anderen gegenüber Abneigung zeigen und sich beklagen, man werde selbst nicht wertgeschätzt?

 

In zwei Wochen werden die Gewählten ein «Danke» über ihr Plakat kleben. Viele Köpfe werden wieder in Vergessenheit geraten und Du wirst so lange entfliehen können, bis Du wieder um Deine Meinung gefragt wirst. In der Zwischenzeit werden Deine Freunde in den sozialen Medien wieder mehr Platz bekommen.

 

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